Bremen, Samstag, 26. Juni 1999

Ab nach Hause

Bis 7.30 Uhr hatte ich eine wunderbare Nacht. Ich duschte mich, zog mich an und ging frühstücken. Es ging mir richtig gut. Ich wusste, heute war mein letzter Tag und ich hatte auch genug. Mein Kopf wollte nichts mehr aufnehmen, nur noch nach Berlin. Batavus begrüßte ich mit den Worten: "Heute ist unser letzter Tag." Er sah etwas traurig aus, denn ihm machte es Spaß. Alles ging einmal zu Ende, so tröstete ich ihn. Nachdem ich ihn bepackt und bezahlt hatte fuhren wir um 9.00 Uhr los, Richtung Delmenhorst.
Die Sonne schien, kleine weiße Wolken zogen ihre Runde, als wollte man uns zum Abschied alles Gute wünschen. In Delmenhorst, die Stadt war größer als erwartet, hatte ich Schwierigkeit, die richtige Straße zu finden, um nach Bremen zu kommen, jedenfalls als Radfahrerin. Es gab jede Menge Straßen aber immer nur für Autofahrer. Ich sprach einen älteren Herrn an, er dachte erst er hätte sich verhört, denn bis Bremen die Strecke erschien ihm sehr weit. Als er mein Gepäck sah, glaubte er mir und schickte mich zur Bremer Straße. Natürlich musste ich ihm meine Geschichte erzählen. Ich tat es so kurz wie möglich, denn ich wollte weiter. Er war begeistert von meiner schönen großen Tour, bedankte sich bei mir und wünschte gute Heimfahrt.
Um 12.00 Uhr kam ich in Bremen an und ich fuhr direkt zum Hauptbahnhof. Leider war dieser total eingerüstet. Es war nicht einfach, mit dem bepackten Rad die Fahrkartenhalle zu finden. Wenn man mit dem Rad in der Bahn fahren will, muss man spätestens einen Tag vorher buchen. Mir kam die Wahnsinnsidee, statt in Bremen zu übernachten, heute noch nach Berlin zu fahren, Am Schalter bekam ich eine Karte auch für Batavus, nur müsste ich auf dem Bahnsteig mit dem Zugabfertiger regeln, ob noch Platz für ein Rad ist.
Ich war sehr aufgeregt und bat meine Schutzengel mir zu helfen. Die traten auch gleich in Aktion, denn ich musste auf den Bahnsteig und das ohne Fahrstuhl. Ein Bahnbeamter trug die Taschen hoch und ich das Rad. Auf dem Bahnsteig sprach ich den Abfertiger an. Wenn der Zug ankommt, benötigte ich seine Hilfe. Ich ließ mir noch zeigen, auf welcher Höhe das Abteil für Fahrräder hielt und ging dort hin. Jetzt rief ich erst mal Jürgen an und berichtete von meinem Plan. Na, der war aus dem Häuschen, denn er musste nun meine Söhne informieren. Die hatten sich was ausgedacht, zum Empfang für mich, ob das heute noch klappte, fragte sich.
Der Zug fuhr ein und ich durfte mit, was mich sehr erfreute. Natürlich bedankte ich mich sehr herzlich bei dem Beamten, er half mir sogar noch in das Abteil hinein. Batavus befestigte ich an die dafür vorgesehen Ständer und ich saß gleich nebenan im Abteil. Das fand ich gut und hatte ihm im Blickfeld. Diese Art von Abteilen kannte ich noch nicht. Bisher war ich noch nie mit dem Rad im Zug gefahren. Nun rief ich Jürgen noch einmal an, bestätigte ihm meine Ankunft und in welchem Abteil er mich finden wird. Ich las derweil im neuesten Buch von Sabine. Es handelt um Mäuse, die nur im Unterhouse wohnten und einmal im Jahr eine Party im Buckingham Palace feierten.
Nachdem wir in Berlin den Bahnhof Wansee verlassen hatten, denn ich fuhr bis Zoo, brachte ich mein Gepäck hinaus. Auf dem Bahnhof war ein Empfang, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Man musste es gesehen und empfunden haben, was sich hier abspielte. Ein großes Laken war zu sehen, es wurde gehalten von zwei jungen Leuten, die auf einem Geländer standen. Also richtig hoch und riesig groß. Darauf stand ein Begrüßungsspruch. "Herzlich Willkommen in Berlin" und dann noch "Radtour Berlin-London-Berlin." Ein Fahrrad war auch aufgezeichnet, alles schön bunt. Ich hatte das Gefühl, alle Leute freuten sich mit uns. Meine beiden anderen Söhne konnten leider nicht kommen, sie hatten jeder einen Termin. Das Begrüßungstuch hatten sie gemeinsam angefertigt, fand ich einfach klasse. Mit Jürgen fuhr ich zur Friedrichstraße. Ausgerechnet heute war Love Parade und jede Menge Leute unterwegs. Wir hatten aber Glück, denn es war Nachmittag, man war noch nicht unterwegs. Nur hatte ich für Batavus keinen Fahrschein, das war mir aber egal. Bei so vielen Leuten, die in Berlin herum schwirrten war bestimmt keine Kontrolle. Das war richtig gedacht, wir kamen gut in Alt-Mariendorf an wo ich wohnte.

Es war der schönste Urlaub, den ich je erlebte. So viele Menschen hatte ich noch nie irgendwo und irgendwie kennengelernt, wie auf dieser Fahrt. Nichts war von Ost oder West zu merken, immer hatte ich guten Kontakt. Die Hilfsbereitschaft war überall gleich groß. Es gab niemals Konflikte von wegen Ost-West. Im Ausland nicht anders. Ich denke, es kommt immer auf einen selber an, wie man auf die Menschen zugeht. Wenn es alle so halten, dann würden wir uns alle besser verstehen.
Es war bestimmt nicht die letzte Fahrt!!!

[ Kilometerstand: 1.915 km ]

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